THEATERGRUPPE HOFOLDING ZEIGT „DER MÜDE THEODOR“

Amouröse Abenteuer und biedere Bürgerlichkeit

   Drei Stunden Fröhlichkeit: Eine herrliche Gaudi ist „Der müde Theodor“ aus der Feder von Max Neal und Max Ferner, den die Theatergruppe des TSV Hofolding in eigenwillig – schwungvoller Komposition auf die Bühne bringt.
   Der Schwank in drei Akten bietet reihenweise schräge, liebevoll arrangierte und mit reichlich Lokalkolorit gestaltete Figuren unter der bewährten Spielleitung von Manfred Ürmösi und führt in die Freisinger Bürgerlichkeit um 1900. Die Hauptfigur Theodor Kronschnabl mit seinem Drang zur holden Weiblichkeit in wechselnder Form und Pracht treibt es dabei durch ein Labyrinth von Abenteuern, Verwechslungen, Irrungen und Wirrungen. Erstklassige Darbietungen des Ensembles sorgen für kurzweilige, genussvolle Unterhaltung bajuwarischen Humors. Über 300 Zuschauer spendeten dafür donnernden Applaus im nahezu restlos gefüllten Teilzeit-Theatersaal.
  Ein Schelm, der Böses oder vielmehr an eine vertraute Lebenssituationen denkt: Theodor Kronschnabl hat es nicht leicht, als er sich mal wieder frühmorgens durch ein Fenster auf die liebevoll gestaltete Theaterbühne einer Stube typischen Biedermeier-Zuschnitts quält und sichtlich ermattet auf den eigenen Divan zusteuert. Doch auf dem Weg dorthin lauern auf den müden Theodor reichlich Fallstricke in Form der akribisch wie dominanten Gattin, der kecken Tochter und dem bauernschlauen Dienstmädchen Marie.
   Dabei hat sich Kronschnabl selbst in die Bredouille gebracht. Seine auffällige Müdigkeit rührt von seiner der Familie verheimlichten Tätigkeit als Nachtkellner im „Schottenhamel“. Die ungewohnte Arbeit wiederum hatte er annehmen müssen, weil er in einem seiner schwachen Momente zum Mäzen einer reizenden jungen Dame avancierte, deren Gesangsausbildung, persönliche Ausstattung und einiges mehr er im Gegenzug für amouröse Dienste zu finanzieren versprochen hatte. Weil ihm schließlich die Ausgaben über den Kopf steigen und ihn die junge Minnesängerin Fanny Ranzinger monetär um den Finger wickelt, hat Theodor selbst vor der wertvollen Brillantbrosche seiner Gattin Rosa nicht halt gemacht und diese im Leihhaus versetzt. Jetzt muss er das edle Stück aber wieder auslösen und sich deshalb durch die Nächte schuften.   
   Die Zuschauer sehen herrlich gestaltete Charaktere zwischen List und Tücke, Eigennutz und Gier, Freundschaft und Abneigung. Erwin Huber, der Kronschnabl subtil wie herzhaft-humorig verkörpert, bringt ein fragwürdiges bürgerliches Sittenbild des beginnenden 20. Jahrhunderts auf die Bühne.
   Lacher beim Publikum produziert etwa der von Spielleiter Ürmösi selbst gespielte Sigi Menzinger, der im löchrigen Zwirn, bärbeißig den Ganovenfreund des Hausherrn gibt, der sich trefflich auf die halbseidenen Handlungen des Lebens versteht. Sehenswerte Figuren wie der sich selbst überschätzende Jungkomponist „Wolfgang Amadeus“ mit einer von Robert Huber hinreißend gespielten Schmierfilm-Attitüde und Hang zur Tochter des Hauses, oder der überfordert weltfremde Mathematik-Lehrer Eusebius Findeisen (Wolfgang Ürmösi) drücken dem humorvollen Ränkespiel ihren Stempel auf. Ob Arzt, Hoteldirektor, Gendarm, Zimmermädchen oder Ministerialrat: Die Vielfalt der Charaktere erschwert zwar Kronschnabl seine Erholung nach harten Nacht, bietet aber dem Publikum erstklassige Unterhaltung.

                              Münchner Merkur vom 26.01.2016 - Harald Hettich