Die Theatergruppe in Vergangenheit und Gegenwart

Die Theatergruppe Hofolding hat eine sehr alte Tradition. Schon vor dem 1. Weltkrieg, d.h. zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, wurden dramatische Volksstücke gespielt, bei denen meist Wilderer und Jäger im Mittelpunkt des Geschehens standen, so, wie es in Gebirgsgegenden der Brauch war. Eine solche Gegend ist Hofolding gewiss nicht. Aber: Es ist anzunehmen, dass der Einfluss auf das Theater aus der Schlierseer Ecke kam, umso mehr, als ein sehr begabter Spieler, der Dorfschuster Franz Obermair, Verbindung mit der bekannten Terofal-Bühne hatte. Er stammte aus Darching, also nicht weit entfernt von der Miesbacher bzw. Schlierseer Gegend.

Seine Tochter ist Frau Else Hauser, die von Kindheit an mit dem Hofoldinger Theater verbunden war, die schon mit ihrem Vater zusammen spielte und Jahrzehnte lang tragende Rollen übernommen hat. Heute ist sie ein Stück lebendiger Chronik der heimatlichen Geschichte. Ihre Tochter, Rita Huber und ihr Enkelsohn Robert Huber, stehen - wie könnte es anders sein - auch auf der Hofoldinger Bühne.

Auch Sepp Müller, der Schreiner, immer noch ein unverzichtbarer Bühnenbauer, war in jüngeren Jahren ein Spieler, der mit dem Theater aufgewachsen ist. Er kann ebenfalls aus früheren Zeiten berichten, als der von 1915 bis 1935 als Expositus wirkende Ortsgeistliche Pfaffinger sich um das Theater verdient gemacht hat; ebenso wie der oben genannte Franz Obermair, Karl Schabmair, dessen Bruder Josef Schabmair (sen.) und manche andere.

Man spielte im Gasthof Weindl, das, wie in Bauernwirtschaften üblich, über einen Saal mit Bühne verfügte. Als Schauspieler wirkten viele Dorfbewohner mit, wie der Holzarbeiter Anton Eder, der Großvater des derzeitigen Vorstandes Manfred ürmösi, auch Forstgehilfen und -praktikanten zählten zu den Spielern. Der Forst trug also nicht nur seinen Teil zum materiellen Gewinn der Einwohner bei! Zu Pfaffingers Zeiten flossen die durch den Kartenverkauf gewonnenen Einnahmen u.a. dem sog. "Arbeiterverein" zu. Sehr bald nach dem 2. Weltkrieg, 1948, hat die Theatergruppe Hofolding wieder mit ihren Aufführungen begonnen. Frühere Spieler fanden sich ein, neue kamen hinzu. Zum Jahreswechsel 1948/49 wurde das Stück

"Heimgefunden"

gespielt, das starke emotionale Anteilnahme fand.

Es war alles noch recht einfach, fast ärmlich. Man nahm an Kulissen und Kostümen her, was man im Dorf auffinden konnte. Die Begeisterung war groß, sie ersetzte wohl manchmal die Perfektion. Spieler und Zuschauer hatten gewiss Spaß an der Sache, wurden vom Ernsten bewegt und vom Heiteren aufgemuntert.

Der in Hofolding lebende Volksschauspieler Gustl Albert, der auch am "Platzl" auftrat, brachte seine Erfahrung mit dem "Komödispielen", das in Bayern immer große Bedeutung hatte, in die Gruppe ein und sorgte für neuen Schwung auf den Brettern. Seine beiden Kinder Katharina und Florian sind in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und gehören seit einiger Zeit zum Kreis der Spieler.

In den Pausen gab es nicht selten Gesang und Gitarrenspiel, die Ausführenden waren Resl und Matthias Berger (sen.), dessen Nachkommen (Brigitte, Marianne, Petra, Matthias und Claudia) seit einigen Jahren zu den Mitspielern zählen. Beim Schauspielen auch Musik mit einzubeziehen war nie ungewöhnlich. Auch die derzeitige Hofoldinger Theatergruppe garniert gelegentlich ihre Stücke mit musikalischen Einlagen, wobei der Lechner Schorsch auf seiner Ziehharmonika den Gesang begleitet oder auch selbst singt.

Seine Cousine, Franziska Weigl, ist seit Jahren eine verwandlungsfähige, einfallsreiche Spielerin, auf deren Auftritt so manche Zuschauer warten. Auch ihr Vater, Hans Miesl, stand bald nach dem Neubeginn in den 50er Jahren auf der Hofoldinger Bühne. In dieser frühen Nachkriegsphase war es wieder ein Geistlicher (namens Oster), der mit dem Theater zu tun hatte. Er beschaffte das Textbuch für "Die Ernte", ein Stück, das zur Weihnachtszeit 1959/60 zum ersten Mal und 1986 zum zweiten Mal aufgeführt wurde. In den 70er Jahren wurde der Gasthof Werner Ort des damals noch mehr oder weniger sporadischen Theatergeschehens, nicht zuletzt, weil die Bühne beim Weindl im Laufe der Zeit ziemlich unsicher geworden war, sodass eine weitere starke Belastung ein allzu gefährliches Abenteuer gewesen wäre.

Beim "Werner" gab es zwar die Möglichkeit zu spielen, aber nicht auf der Bühne. So musste man sich eben bescheiden und vorrangig mit Einaktern zufrieden geben, meist nur zu besonderen Anlässen wie Ostern und Weihnachten, sofern man nicht sogar auf "Gastspielreise" ging: Else Hauser berichtet von einer Aufführung in Sauerlach, für die man mühsam die Requisiten in den 4 km entfernten Ort hinüberkarrte. Immerhin: Das Spielen wurde nicht aufgegeben, somit war es nicht zum Dahindämmern und Einschlafen verurteilt. Dank sei jenen, die auch in schwierigen Phasen nicht alles aufgaben!

Der Brauch, von Fall zu Fall ein kürzeres Stück in Szene zu setzen, wurde auch auf die Bühne des 1948 gegründeten TSV Hofolding übertragen. Dort galt es zunächst vor allem, Beiträge für die Weihnachtsfeiern des TSV zu leisten.

Zu Beginn der achtziger Jahre gaben Else Hauser, Michael Werner und Leonhard Portenlänger den Anstoß zum eigentlichen Neuanfang im Hofoldinger Sportheim, mit dem Stück "Der Weiberfeind" (1983). Die beiden Letztgenannten sind immer noch aktive und beliebte Spieler. Der Werner Michi ist ein Bindeglied zwischen dem Gestern und dem Heute. Früher musste er, der stattliche Mann mit der kräftigen Singstimme auf alt getrimmt werden, jetzt ist er in die entsprechenden Rollen richtig hineingewachsen. Sein Neffe Ernst war ebenfalls ein Teil des Spieler-Teams. Die Kontinuität zeigt sich auch hier als positiver Faktor.

Der Killer Hartl (alias L. Portenlänger) ist wegen seiner Verwandlungsfähigkeit unverzichtbar! Der Mann, der den guten altbairischen Dialekt beherrscht wie kaum ein anderer, kann spielend in die Rolle eines Preußen, besonders aber eines Berliners schlüpfen. Auch Gerd Radler ist seit langem ein Faktotum unseres Theaters, zuständig für Respekt einflößende Amtspersonen. Seine Frau Hildegard hat als junges Mädchen ebenfalls als Spielerin mitgewirkt; schon auf der Weindl-Bühne und auch beim "Werner".

Seit 1983 also finden sich alljährlich zahlreiche Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung im Sportheim ein, und zwar zur Vorfaschingszeit. 1986 allerdings war der Ort des Geschehens der Riedl-Stadel, diesmal im Sommer, wo zu Gunsten der Expositurkirche Faistenhaar das schon erwähnte Stück "Die Ernte" aufgeführt wurde, das großen Anklang fand. Man erkennt bei allen Veränderungen im Laufe der Zeit, dass die Verbindung zum Zurückliegenden nicht abgerissen ist.

Von 1984 bis 1995 machte sich Hans Ritz als Vorstand um die Organisation, aber auch als Spieler, um das Theater sehr verdient. Für den langjährigen Kartenvorverkauf dürfen wir der Firma Ritz recht herzlich danken. Anschließend übernahm der aktive, begabte Theaterspieler Manfred Ürmösi das Vorstandsamt. Auch sein Bruder Wolfgang gehört zum Stammensemble. Deren Großvater, der Eder Toni, war auch schon zu Pfaffingers Zeiten ein beliebter Mitspieler.

Seit dem Neubeginn 1983 ist die ursprünglich selbstständige Theatergruppe nicht zuletzt deshalb mit dem Sportverein verbunden, als dessen 1. Vorstand Josef Schabmair (siehe oben Josef Schabmair sen.!) im Sportheim als Hausherr seitachtunddreißig Jahren die Fäden fest in der Hand hält.

Innerhalb dieser Theatergruppe, die erfreulicher Weise im Laufe der letzten Jahre eine Reihe von jüngeren, aber auch älteren Spielerinnen und Spieler hinzugewinnen konnte, außer den Nachfahren des alten Stammes übrigens auch "Neubürger", wie Franz Xaver Niederauer und Marianne Bindl, die seit mehr als einem Jahrzehnt das Theater unterstützt. Nicht zuletzt im Bereich der Regieberatung gilt das Prinzip der Teamarbeit, d.h. das Spiel soll sich in der Gemeinschaft und nicht wie im sog. Regietheater von einer einzigen Person gelenkt werden. Dadurch entsteht beim Einzelnen eine starke Identifikation mit der Gruppe und dem gesamten Geschehen auf der Bühne und mit allem, was damit zusammenhängt. Das ist ein Prozess, der oft großer Geduld und gegenseitiger Rücksichtnahme bedarf. Zum Team gehören neben den Spielern natürlich all jene, die ganz wesentlich zum Gelingen einer Aufführung beitragen.

Ebenso geschickt und einsatzfreudig wie der schon genannte Sepp Müller sind Werner Laurent und Franz Dörfler im bautechnischen sowie malerischen Bereich, letzterer ist übrigens der Ehemann von Carola Dörfler, einer sehr tüchtigen engagierten Spielerin. Ohne sie wäre die Besetzung von Frauenrollen, die mittlere und ältere Jahrgänge darstellen, ziemlich problematisch.

Im graphischen Bereich, aber auch bei der künstlerischen Gestaltung der Bühne, dürfen die Verdienste von Evi Hahnel, die lange auch als Souffleuse agierte, sowie von Gabi Tegel nicht vergessen werden.

Last not least ist an dieser Stelle Paul Müller (der Pauli, Neffe des Sepp Müller, siehe oben) zu nennen, der häufig tragende Rollen übernimmt, sich aber auch engagiert und erfolgreich um die Gestaltung der Bühne bemüht und zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Regiearbeit leistet. Die eigentliche Bühnentechnik im klassischen Sinn (Beleuchtung, Geräusche, Musikeinspielungen) hat Heinz Kaulfuß fest im Griff. Übrigens wirkte schon sein Vater (Alfred Kaulfuß) zu Zeiten des Spielens auf der Weindl-Bühne beim Theater mit, u.a. im Bereich der Technik. Er erinnert sich an die Zeit seiner Kindheit, als er schon mit seinem Vater zusammen in einer Scheune herumexperimentierte, um Geräusche aufzunehmen, die Beleuchtung zu verbessern usw. Dabei unterstützte sie auch wieder ein Geistlicher, der damalige Pfarrer Hofbauer.

Das Amt der Souffleuse übernahm Gerti Eigmann von Evi Hahnel, die ihrerseits Kurt Waidhas ablöste. Auch sie widmet sich ihrer Aufgabe mit viel Verständnis für Text und Spieler. Sie muss nicht lange um ihre Mitarbeit gebeten werden, ebenso wenig wie Monika Münch, die Tochter von Carola und Franz Dörfler (siehe oben), die mit großem Einfühlungsvermögen und Geschick die Masken, u.a. die jeweilige Haartracht gestaltet.

Man sieht: Beim Theaterspiel werden vielfältige Kräfte, Fähigkeiten und Fertigkeiten gebraucht und in eine sinnvolle Richtung gelenkt, nämlich auf der das gute Zusammenspiel, auf die Entwicklung des Gespürs für Qualität, die Steigerung der eigenen Kräfte und nicht zuletzt die Anerkennung des Gewachsenen, was die Voraussetzung ist für das bewusste Wahrnehmen des Netzwerkes aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Altem und Neuem. Der eigentliche Bezugspunkt aber waren von alters her immer die Zuschauer. Man sollte sie daher nicht - wie in manchen ganz oberflächlichen Produktionen - u.a. im Fernsehen - vom Mitdenken entbinden. Die wachsende Zahl der Besucher hat wohl von den Intentionen der Hofoldinger Theatergruppe, die gänzlich aus Laienspielern bestehen, einiges begriffen.

Auch den Zuschauern sei herzlicher Dank!